«Die Idee, den Badener Stadtturm als Plattform für kulturelle Aktivitäten zu nutzen, kam schon bald nach seiner Schliessung als Bezirksgefängnis [1985]. Wir begannen Ende 1991 an einem Projekt zu arbeiten, den Turm mit künstlerischen Aktivitäten zu beleben. Die zwölf Zellen der vier mittleren Stockwerke sollten als Arbeitsfelder verschiedenen Kunstschaffenden zur Verfügung gestellt werden. Folgende Ideen standen dabei im Vordergrund :
1 Der Turm sollte überhaupt zum ersten Mal für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
2 Im Turm sollte keine «Galerieausstellung» stattfinden, sondern die Künstlerinnen und Künstler sollten individuell auf die vorgegebene Situation reagieren.
3 Geschichte und Funktion sowie die Gefängnissituation konnten in die Arbeiten miteinbezogen werden, mussten aber nicht.
4 Die Eingriffe sollten sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, mindestens zwei bis drei Monate.
5 Die künstlerischen Eingriffe sollten zu weiterführenden Diskussionen über die weitere (kulturelle) Verwendung des Turmes führen.
Unsere Anfrage bei den professionellen Künstlerinnen richtete sich nach diesen Kriterien, wobei wir versuchten, soviele wie möglich aus der näheren Region dafür zu gewinnen.
Vom anfänglichen Konzept, das nur von einer Hauptausstellung mit Zellen der verschiedensten Künstlerinnen ausging, rückten wir ab, um wechselnden Wochenaktionen den Vorzug zu geben. Dabei sollte der ganze Turm drei Monate lang, vom Dezember 1992 bis März 1993, wochenweise als Aktionsfeld bearbeitet werden.
Jede Woche sollte ein anderer Eingriff stattfinden, dessen Resultat jeweils von Freitag bis Sonntag öffentlich zu besichtigen sein sollte.
(...)
Das Konzept der Turmbesichtigung und der gleichzeitigen Konfrontation mit zeitgenössischer Kunst hat sich bewährt. Auch hat sich das Bedürfnis bestätigt, den Turm als halböffentliches Element in das Stadtleben zu integrieren: Arbeiten im Turm, die tageweise öffentlich zugängig gemacht werden. Das widersprach auch gewissen Polemiken, die im Vorfeld dieser «Turmräume» - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - geführt wurden.
So verfolgte ein Grossteil der Gewerbetreibenden, ausser solchen, die an den Turm grenzen, die Vorbereitungen zu den Aktionswochen mit Missmut, Desinteresse und weitgehender Ablehnung. Zunft- und Vereinsmitglieder machten plötzlich Ansprüche auf den Turm geltend und befürchteten einen Missbrauch desselben durch die «Künstlerzunft». Dementsprechend blieb neben der ideellen auch die finanzielle Unterstützung des Projektes weitgehend aus. Enttäuschend auch die Badener Banken, die dem Projekt hilflos gegenüberstanden, obwohl sie den Badener Stadtturm auf ihr Werbebanner geheftet haben.»Quelle: Beda Büchi, „Kunst im Turm : ‚Turmräume’ 1992/93 - Aktionen im Badener Stadtturm, in: Badener Neujahrsblätter, Bd. 70, 1995, S. 121-125. (online: dx.doi.org/10.5169/seals-324492(...)
Für die Abschlusswoche (22.2. bis 28.2.) plant Initiant Peter Kiefer eine Diskussionsrunde zur zukünftigen Nutzung des Turmes, in der die Vorstellungen von Kulturschaffenden vermutlich auf je einiger Badener Gewerbler und Zünftler prallen dürften.»Quelle: Tanja Funk, „Kunst im Verlies“, in: Züri-Tip, 22.01.1993, S. 7. SIK Kunstarchiv. [AG_Baden_1993_Turmräume_Züri-Tip_22.01.1993_S. 7]